Anlässlich des 10. Weißensteiner Ritterspektakels vom 27. – 29. Juni 2014 in Weißenstein bei Regen, Bayerischer Wald, bestand Gelegenheit, mit einigen Lagergruppen Interviews zu führen. Hier stellen wir den Freien Ritterorden der Templer vor.
Unsere Anfrage nach einem Interview wurde an den Prokurator, Herrn Schuster, weitergeleitet, der sich richtig Zeit für uns nahm und uns sehr intensiv Auskunft gab.
Von allen Gruppen, die das Ritterspektakel zu Weißenstein besuchen, ist der Freie Ritterorden der Templer die größte. Sie gilt nach eigenen Angaben auch als eine der größten mittelalterlich geprägten Vereinigungen überhaupt in Bayern und teilt sich in drei Komtureien auf, nämlich München, Landsberg am Lech sowie Ostbayern-Franken-Schwaben. 42 Mitglieder zählt der Verein gegenwärtig, 15 Mitglieder aus der Komturei München waren in Weißenstein als Lager- und Darstellergruppe anwesend.
Begonnen hat die Geschichte des Vereins 1992 mit den „Zehn Schwarzen Rittern zu Bruckh“, meist aus Fürstenfeldbruck bei München, die als Leibgarde des Prinzen Luitpold von Bayern seit den Anfängen der Kaltenberger Ritterspiele dabei waren. 1997 jedoch besann man sich darauf, die Historie korrekt zu darzustellen Auf der Suche nach einer historisch realen, gut erforschten ritterlichen Truppe fand man die „Arme Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem“ – gemeinhin bekannt unter der Kurzbezeichnung Templer. Der Ritterorden, aller Forschung zum Trotz immer noch von Geheimnissen und Legenden umgeben, war es, der die Aufmerksamkeit der ehemals Schwarzen Ritter anzog und zur Gründung des Freien Ritterordens der Templer führte. 2009 verabschiedeten sich die Templer endgültig von den eher auf hollywoodreife Action als auf korrekt historische Präsentation gepolten Kaltenberger Ritterspielen.
Der Freie Ritterorden kam deshalb zustande, weil man – anders als das historische Original – frei von jeglicher religiöser und politischer Doktrin sein wollte (allerdings hält das nicht davon ab, bei Ritterlagern Horen – christliche Stundengebete auf Latein – zu zelebrieren). Die Philosophie des Vereins beinhaltet das Wiederaufleben mittelalterlicher Geschichte und die Pflege ritterlicher Tugenden wie z. B. Zivilcourage, Höflichkeit, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit. Ferner streben die Mitglieder nach Frieden, Freundschaft und Harmonie.
Die Templer sind Gründungsmitglieder des Weißensteiner Ritterspektakels und deshalb seit 2001 bei allen Veranstaltungen durchgängig dabei. In Weißenstein bieten die Tempelritter dem Publikum die überaus beliebte und stets mehr als gut besuchte Knappenschule (die Ritterschule für Kinder), Schaukämpfe, Lagerleben, geben Auskunft über ihren Verein und die Templer an sich und nehmen natürlich am Umzug der Gruppen teil. In Jahren, in denen die Schlacht um Weißenstein stattfinden kann, sind sie auch an daran beteiligt. Der Kontakt mit Sepp Niedermeier, dem Vorsitzenden der das Weißensteiner Ritterspektakel veranstaltenden Burgfreunde Weißenstein e. V. kam über in Regen stationierte Soldaten zustande, die Mitglieder beim Freien Ritterorden der Templer waren, bzw. immer noch sind. Prokurator Schuster betonte jedoch, dass damit keine militärische Ausrichtung des Vereins verbunden sei.
Historische Genauigkeit steht beim Freien Ritterorden der Templer im Zentrum des Geschehens. Zeitlich betrachtet deckt der Orden damit eine Zeitspanne von 1118 bis 1307 ab, die auch strikt eingehalten wird, was Mobiliar, Geschirr, Gerätschaften, Kleidung und Waffen betrifft. Man hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Leben des Ordens so authentisch wie möglich abzubilden – mit dem winzigen Abstrich, dass den heutigen Ordensmitgliedern kein Zölibat abverlangt wird. Außer dieser kleinen Abweichung zum Originalorden ist die Hierarchie nur geringfügig abweichend strukturiert.
An der Spitze steht – wie auch beim historischen Original – der Großmeister (Vorsitzender). Dazu kommen der Seneschall (stellvertretender Vorsitzender), der Ordensschatzmeister, der Prokurator (Vorstandsmitglied mit Sonderaufgaben, hier konkret Pressesprecher und Vertragspartner des Veranstalters) sowie der Drapier (zuständig für Kleidung, Material und Waffen). Diese fünf Personen bilden den Ordenskonvent, der – in modernes Vereinsdeutsch übersetzt – der Vorstand des Vereins ist.
Dritthöchster Repräsentant des Ordens, allerdings nicht im Konvent vertreten, ist der Marschall, der Feldherr, dem alle Ritter untergeordnet sind, sofern sie unter Waffen stehen.
Darüber hinaus existiert ein derzeit aus vier Personen bestehender Ältestenrat, in den Mitglieder über 50 Jahre berufen werden können. Der Ältestenrat berät den Konvent und kümmert sich um die geistigen Aspekte des Ordens, hat aber keine Entscheidungs- bzw. Weisungsbefugnis.
Neu eingeführt und nicht dem historischen Original nachempfunden ist der Ordensrat, der aus sieben engagierten Mitgliedern besteht und Vorschläge für Veranstaltungen wie z. B. das Weißensteiner Ritterspektakel trifft und die Vorbereitungen dafür macht. Man hat dies aus rein praktischen Gründen gemacht, da nicht für jeden Vorschlag, der eingebracht wird, alle 42 Mitglieder aus allen drei Komtureien zusammengetrommelt werden können – auch die Templer sind bei aller an den Tag gelegten Professionalität ein Freizeitverein.
Die drei Komtureien (Bezirke) werden jeweils von einem Komtur geführt, der seinen Bezirk eigenständig verwaltet und dafür dem Konvent Rechenschaft schuldet.
Ferner gibt es noch den Bannerherrn, der für die Aus- und Weiterbildung einer ihm zugeteilten Gruppe von Brüdern und Schwestern zuständig ist. Dann folgen die Ritter, die Dienenden Schwestern und Dienenden Brüder.
Das Kapitel schließlich ist die Versammlung der Mitglieder des Freien Ordens der Tempelritter, als Komtureikapitel auf Bezirksebene oder als Generalkapitel, was einer Vollversammlung aller Mitglieder entspricht.
Der Orden legt – durchaus in Anlehnung an das lebenslange Gelübde des Mönchsritters – großen Wert auf eine möglichst lebenslange Mitgliedschaft und prüft neue Mitgliedsbewerber deshalb – ebenfalls analog des Noviziates für Aufnahmebewerber in den historischen Templerorden – in einer dreijährigen Probezeit. Der Beginn des Noviziates ist mit dem Treueid der Novizen, die endgültige Aufnahme mit dem Ordenseid verbunden, die jeweils gegenüber dem Generalkapitel geleistet werden, der Vollversammlung des Ordens.
Wer endgültig in den Orden aufgenommen wird, kann sich auf eigenen Wunsch zum Ritter schlagen lassen (das ist Sache des Großmeisters) oder als Dienender Bruder/Dienende Schwester aufnehmen lassen. Die Schwestern und Brüder sind grundsätzlich gleichrangig, doch können die Schwestern keine kriegerische Position einnehmen.
Pro Jahr bekommt der Verein etwa zwei bis drei Anfragen, doch ist die Szene derzeit einfach gesättigt, so dass neue Mitglieder im Moment nicht akzeptiert werden.
(www.freier-ritterorden-der-templer.de)